Es gibt zwei unterschiedliche Typen von Reisenden. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die ihre Reise im Vorfeld akribisch planen. Die, welche jeden einzelnen Tag bis zur letzten Minute verplant haben, genau wissen wo sie wann sind und alle Hotels und Busfahrten schon Monate im Voraus gebucht haben. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die ohne auch nur einmal das Land, in das sie reisen, gegoogelt zu haben, einfach ins Blaue fahren. Die einen Monat Südostasien geplant haben und dann nach drei Wochen in Australien landen. Oder denen es in der ersten Stadt schon so gut gefallen hat, dass sie einfach einmal ein paar Wochen dortgeblieben sind.
Und dann gibt es da noch so Reisende wie mich, die irgendwo dazwischenliegen. Diejenigen, die zwar gerne ganz abenteuerlustig losfahren würden, die dann aber doch hin und wieder der innere Kontrollfreak zum Hostel-buchen auf Booking.com bringt. Die aber auch schlicht und einfach zu faul sind, um alles im Vorhinein im Detail zu organisieren.
Reiseführer wälzen? Mache ich morgen!
Ich bin kein Fan von Reiseführern. Vor allem nicht von den ausführlichen, die einen mit unglaublich viel Information versorgen. Nicht, dass ich zu überheblich dafür wäre, weil „Reiseführer ja nur was für Anfänger sind“ und „man echte Insider-Tipps sowieso nie in Reiseführern findet“. Im Gegenteil, ich finde, Reiseführer sind eine tolle Erfindung und das Beste, was man sich als Reisender wohl besorgen kann: Perfekt recherchierte und zugeschnittene Informationen direkt auf sein Reiseziel. Ideal, oder? Leider aber habe ich ein Problem: Ich bin zu faul dazu, Reiseführer zu wälzen. Denn sie enthalten nun einmal das, wofür sie gemacht sind: Viel Information.
Tatsächlich ist es auch schon vorgekommen, dass ich zu Trips aufgebrochen bin, ohne eine Ahnung zu haben, was man denn in meinem Zielort so für Sehenswürdigkeiten findet. Meist habe ich mich dann vor Ort im Hostel bei anderen Reisenden, den Angestellten oder einfach bei Leuten auf der Straße erkundigt, was denn Touristen üblicherweise so machen. Oder was Touristen nicht, aber dafür die Einheimischen machen. Da ich meist weniger ein Fan von berühmten Bauwerken, Kirchen und Museen bin, hat das bisher immer super geklappt. Vielmehr mag ich es, die Atmosphäre eines Orts „in mir aufzusaugen“. Ich kann stundenlang durch eine Stadt spazieren und Leute beobachten, ohne dass mir langweilig wird. Ich kann mich auch in kleinen oder vermeintlich langweiligen Orten im Detail verlieren – in heruntergekommenen Häuserfassaden, den kargen Landschaften oder den Obstbäumen mit exotischen Früchten am Wegrand. Daher macht es mir auch nichts aus, nicht jede Sehenswürdigkeit in der Nähe im Vorfeld zu kennen und dann vor Ort abhaken zu können.
Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass ich oft das Glück hatte, mit Einheimischen unterwegs zu sein. Vor allem in Mexico wäre ich wohl ohne das unglaubliche Bemühen meines Freundes, seiner Familie und Freunden mir ihr Land und noch viel mehr zu zeigen nicht einmal zu der Hälfte der Orte gekommen, an die sie mich gebracht haben.
„Aber sollte ich nicht wenigstens…“
… der Kampf mit dem inneren Kontrollfreak
Und trotzdem gehöre ich nicht zu den Menschen, die einfach so drauflosfahren können. Die grobe Reiseroute muss bei mir im Vorhinein stehen. Flüge und Busse müssen, sofern möglich, vor Abreise gebucht werden. Und Hostels buche ich meist auch im Vorhinein (wobei ich das schon des Öfteren bereut habe, weil es vor Ort viele günstigere Hotels gegeben hätte, die ich schneller gefunden habe als meine gebuchte Unterkunft). Zumindest für die ersten Tage. Zuzuschreiben ist das meinem inneren Kontrollfreak, der im ständigen Kampf mit meinem inneren YOLO(*you only live once)-Kind steht. Je näher das Abflugdatum rückt, umso lauter wird mein innerer Kontrollfreak, und umso kleinlauter das YOLO-Kind.
Zeitlich bin ich durch diese Planungen auf meinen Reisen meist weniger flexibel. Einerseits hat dies den Vorteil, dass ich so alle Orte bereisen kann, die ich mir vorgenommen habe. Andererseits hat es den großen Nachteil, dass ich nicht mehr spontan irgendwo länger bleiben kann, wo es mir gerade gut gefällt. Und mir vielleicht auch viele schöne Orte entgehen, von denen ich erst auf der Reise selbst erfahre, die aber keinen Platz mehr haben in meinem Zeitplan.
Kompromisse finden
Das Ergebnis aus dem ständigen Kampf zwischen innerem Kontrollfreak und YOLO-Kind sind Kompromisse. Meist erlaube ich mir, um mein Gewissen zu beruhigen, alles im Vorhinein zu buchen, was ich für nötig halte. Und nehme dadurch Abstriche bei der zeitlichen Flexibilität und im Preis-Leistungsverhältnis in Kauf. Dafür aber reise ich oft ohne Plan und ohne Reiseführer los, und gehe erst vor Ort auf Entdeckungsreise. Damit riskiere ich zwar, tolle Dinge zu verpassen, weil mir die Information darüber fehlt. Außerdem investiere ich dadurch vielleicht mehr von meiner Reisezeit vor Ort in Recherchen. Damit ermögliche ich mir aber ein klein wenig Spontanität und Abenteuerduft. Vielleicht ändert sich das mit der Zeit. Möglicherweise wird mein innerer Kontrollfreak mit zunehmender Reiseerfahrung leiser. Wie laut dieser ist, hängt nämlich auch immer vom Reiseziel und meiner Erfahrung in den jeweiligen Ländern ab. Bisher aber kann ich ganz gut mit den Kompromissen, welche die beiden schließen, leben.
Welcher Reisetyp bist du? Planst du alles schon im Voraus? Oder fliegst du einfach mal drauflos? Hat sich dieser Reisetyp auch mit der Erfahrung verändert?