2 Wochen bin ich nun nach meinem Auslandssemester wieder zurück in Österreich. Wie die Rückkehr aus Hongkong war und was es mit dem umgekehrten Kulturschock auf sich hat, davon schreibe ich in diesem Beitrag.
Die ersten Tage
Durch gutes Timing und ein wenig Glück mit den Abschlussprüfungen ist es mir gelungen, abends am 23.12. wieder zu Hause zu sein. Somit konnte ich nicht nur Weihnachten mit der Familie feiern, sondern auch gleich alle meine Verwandte und Freunde, die über die Feiertage auch aus ihren Studienstädten zurück ins Dorf kamen, treffen. Die ersten Tage waren somit sehr schön. Ich war ständig unter Leuten, hatte viel zu erzählen, erfuhr im Gegensatz dazu alle News die ich in den vergangenen 5 Monaten verpasst hatte und konnte endlich wieder all das geliebte Essen, das ich im Ausland so vermisst hatte, genießen.
Der Körper reist schneller als der Geist
Irgendwann aber hatte ich die meisten meiner Freunde wiedergetroffen, alle Geschichten erzählt und die Fotos gezeigt. Die Feiertage und der Jahreswechsel gingen vorüber, ich zog wieder nach Innsbruck in meine alte Wohnung und meine innere Uhr pendelte sich auch wieder ein, sodass ich nicht mehr abends schon um 8 einschlief und dafür morgens um 6 putzmunter war. Eigentlich wäre jetzt die Zeit gekommen, wieder in den Alltag zurückzukehren. Und trotzdem scheint das noch nicht so ganz zu funktionieren. Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Der Körper reist schneller als der Geist. Denn obwohl mein Körper nach 24 Stunden wieder in Österreich gelandet war, blieb mein Geist wohl noch ein wenig länger in Hongkong. Auf der Straße glaube ich noch immer für einen kurzen Moment, Bekannte aus Hongkong zu entdecken. In meinen Träumen befinde ich mich noch in Alltagssituationen in Hongkong. Und wenn mir etwas passiert, das ich gerne mit jemandem teilen würde, denke ich zuallererst an meine Freunde in Hongkong, anstatt an meine Freunde hier.
Unsichtbare innere Veränderungen
Letzteres liegt vielleicht daran, dass ich mich in Hongkong ziemlich verändert habe. Doch im Gegensatz zu meinen Freunden dort, die nur diese Anna, die ich dort geworden bin, kennen, gehen meine alten Freunde hier davon aus, dass ich doch ganz die alte geblieben bin. So ganz beschreiben kann ich diese Veränderungen (noch) nicht, und trotzdem spüre ich, dass ich mich weiterentwickelt habe. Zum Beispiel bin ich viel selbstsicherer geworden. Wollte ich früher noch mit möglichst vielen Menschen gut auskommen und es allen rechtmachen, so habe ich nun akzeptiert, dass dies einfach nicht möglich ist und kann gut damit leben, wenn mich einige Personen im Raum nicht leiden können. Dass dies für meine Freunde auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, ist nur logisch. Immerhin ist es ja für mich schon schwierig, all dies in Worte zu fassen. So habe ich manchmal das Gefühl, dass sie einige meiner Erfahrungen nicht ganz verstehen oder nachvollziehen können, da sie nicht wissen, wie diese mich verändert haben, oder manche meiner Handlungen ganz einfach nicht zu dem Bild passen, das sie von mir vor einem halben Jahr hatten.
Umgekehrter Kulturschock
Ein weiterer Aspekt, der die Rückkehr oft schwierig gestaltet, ist der umgekehrte Kulturschock. Genauso, wie man einen Kulturschock erleidet, wenn man ins Ausland geht, kann man nämlich auch eine Art Kulturschock erleben, wenn man wieder zurückkehrt. Ein Grund dafür ist meiner Meinung nach, dass man plötzlich eine andere Art und Weise kennenlernt Dinge zu tun und bei seiner Rückkehr damit anfängt, die einst erlernte Art, mit der man zu Hause wieder konfrontiert ist, zu hinterfragen. Ein weiterer Grund, finde ich, ist, dass unser Gehirn sich schnell an äußere Umstände gewöhnt. Als ich nach einem halben Jahr im lauten, hektischen Hongkong wieder zu Hause in meinem Heimatdorf war, ist mir plötzlich die Stille, die dort herrscht, ganz komisch vorgekommen.
Als ich das erste Mal abends alleine in meinem Zimmer lag und nichts zu hören war – keine Vögel, kein Auto, keine Bewegung anderer Menschen im Haus – hatte ich plötzlich ein seltsames Summen im Ohr, das aber verging, wenn andere Geräusche zu hören waren. Als ich meiner Mutter davon erzählte, lachte sie mich aus und meinte nur, das sei die Stille, die ich hören würde.
Ebenfalls seltsam fühle ich mich nun in Innsbruck, wenn ich abends oder auch untertags eine Straße entlanggehe und keine Menschenseele zu sehen ist. Nach dem überfüllten Hongkong hinterlässt es bei mir nun tatsächlich ein komisches Gefühl, alleine in der Öffentlichkeit zu sein.
Zurück zum Alltag
Zum Glück sind Körper und Geist sehr anpassungsfähig. Genauso wie sie sich im Ausland an die neuen Gegebenheiten anpassen, werden sie sich auch wieder an die alten Umstände zu Hause gewöhnen. Dass dies allerdings ein wenig Zeit braucht, ist nicht immer einfach zu akzeptieren. Schließlich hat man ja fast sein ganzes Leben hier verbracht, da kann es doch nicht sein, dass man sich plötzlich fremd fühlt hier, oder? Ich werde mir jetzt jedenfalls die Zeit geben, die mein Geist braucht, um wieder anzukommen. Da ich in zwei Tagen wieder ein Praktikum beginne hoffe ich, durch die Arbeit schneller zu einem Alltag zurückzufinden.
Wie ist das nach-Hause-kommen für euch so? Kennt ihr den umgekehrten Kulturschock auch?